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Billigt die Gemeindevertretung saftige Mieterhöhungen?

Morgen entscheidet die Gemeindevertretung über den neuen Mietspiegel für die Gemeinde Schöneiche bei Berlin. Der Mieterverein und DIE LINKE üben daran deutliche Kritik. Denn sollte der Mietspiegel unverändert beschlossen werden, könnten den Mieter*innen in Schöneiche in den kommenden Jahren saftige Mietsteigerungen drohen.

Akuter Wohnungsmangel seit 2014

Bereits im Jahr 2014 bescheinigte die Landesregierung Schöneiche gemeinsam mit rund 30 weiteren Brandenburgischen Gemeinden einen akuten Mangel bezahlbarer Mietwohnungen. Damals wurde mit der Kappungsgrenzenverordnung die sogenannte "Mietpreisbremse" umgesetzt. Doch diese blieb weitgehend wirkungslos und muss von den Mieter*innen individuell eingeklagt werden.

Voraussetzung zur Anwendung der "Mietpreisbremse" ist ein Mietspiegel. Denn formal dürfen bestehende Mieten innerhalb von drei Jahren um maximal 15 Prozent erhöht werden. Bei Neuvermietungen darf die Miete maximal 10 Prozent über der "ortsüblichen Vergleichsmiete" liegen. Diese wird in einem Mietspiegel ermittelt. Damit auch Schöneicher Mieter*innen diese Regelungen nutzen können, ließ die Gemeinde 2014 erstmals einen qualifizierten Mietspiegel erstellen.

Basis-Nettokaltmiete steigt um 27,1 Prozent

Darin lag die durchschnittliche Basis-Nettokaltmiete bei 6,12 €/qm. Davon ausgehend werden Zu- und Abschläge berechnet, je Alter, Größe oder Ausstattungsstandard der Wohnung. Im Jahr 2016 wurde der Mietspiegel aktualisiert und die durchschnittliche Basis-Nettokaltmiete erhöhte sich auf 6,20 €/qm, eine Steigerung um moderate 1,3 Prozent. Im Entwurf für den Mietspiegel 2019 sieht das jedoch anders aus: Die durchschnittliche Basis-Nettokaltmiete wird nun auf 7,88 €/qm angesetzt. Das entspricht einer Erhöhung um satte 27,1 Prozent. Auch davon werden noch Zu- und Abschläge berechnet, um letztlich auf die "ortsübliche Vergleichsmiete" für die jeweilige Wohnung zu kommen. Doch der Wert zeigt, wo die Reise hingeht.

Das deutsche Mietrecht erlaubt es Vermieter*innen explizit, die Miete ohne besondere Begründung auf die ortsübliche Vergleichsmiete anzuheben. Zwar greift hier die Regelung genannte Regelung, nach der die Miete innerhalb von drei Jahren um maximal 15 Prozent erhöht werden darf. Doch die Gemeinden dürfen das nicht kontrollieren. Betroffene Mieter*innen müssen selbst aktiv werden, wenn sie glauben, dass diese Regel verletzt wird. Nach Modernisierungen und bei Neuvermietungen gelten zudem Ausnahmen.

Billigt Gemeindevertretung saftige Mieterhöhungen?

Beschließt die Gemeindevertretung den qualifizierten Mietspiegel unverändert, billigt und legitimiert sie solche saftigen Mieterhöhungen. Denn ein qualifizierter Mietspiegel erhebt den Anspruch, nach "anerkannten wissenschaftlichen Grundlagen" erstellt worden und entsprechend objektiv aussagekräftig zu sein. Grundlage sind Daten zur Miethöhe bei Neuvermietungen innerhalb der letzten vier Jahre.

Genau hier setzt der Mieterverein Erkner und Umgebung seine Kritik an: Die Datengrundlage für den neuen Schöneicher Mietspiegel sei viel zu gering. Nur rund 13 Prozent der relevanten Mietverträge wären berücksichtigt worden. Außerdem seien insbesondere Neumieten der letzten zwei Jahre eingeflossen, die besonders hoch ausgefallen sind. Ein weiterer Kritikpunkt sei, dass der Mietspiegel sich nur auf Schöneiche beschränke. Dabei machen Mietentwicklungen im dicht besiedelten Berliner Umland natürlich nicht an Gemeindegrenzen halt. Schöneicher Mieten haben deshalb auch Einfluss auf jene in Erkner oder umgekehrt.

Trotz dieser Bedenken hat der Wohnungsausschuss den Mietspiegel in der vergangenen Woche mehrheitlich befürwortet. Karin Griesche (CDU) und Johannes Kirchner (Neues Forum) stimmten dem zu, Dr. Artur Pech (DIE LINKE) lehnte ihn ab. So auch die drei Sachkundigen Einwohner*innen Renate Schröder (Seniorenbeirat), Christian Hempe (Feuerwehr) und Fritz Viertel (DIE LINKE). Ihr Votum hat nur empfehlenden Charakter. Für die Fraktionen SPD und BBS/UBS war das Thema scheinbar nicht so wichtig, sie fehlten in der Sitzung.

DIE LINKE unterstützt Kompromissvorschlag des Mietervereins

Michael Voges, Vorsitzender des Mietervereins, zeigte dem Ausschuss jedoch eine Alternative auf: Statt einen "qualifizierten" sollte die Gemeindevertretung einen einfachen Mietspiegel beschließen. Bei diesem könne man ortsübliche Vergleichsmieten in der Höhe festlegen, auf die sich Interessenvertretungen der Mieter*innen und der Vermieter*innen einigen. So seien realistischere Werte möglich, die unter den horrenden Steigerungen des vorliegenden Entwurfs liegen.

DIE LINKE unterstützt diesen Vorschlag. Denn es sollte alles getan werden, um übermäßige Mieterhöhungen und damit die Verdrängung von Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen aus Schöneiche zu verhindern!